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Donnerstag, 11. Dezember 2014

Über Geschmack lässt sich nicht streiten, über Folter schon?

Der (noch) mehrheitlich von den DemokratInnen kontrollierte Senat in den USA hat einen Bericht zu den Foltermethoden der CIA im sog. "Krieg gegen den Terror" veröffentlicht. 

Klaus-Dieter Frankenberger bemerkt heute auf der FAZ-Titelseite anläßlich der Veröffentlichung und der Wirkung auf die politische Öffentlichkeit in den USA, »der Bericht und die Reaktion darauf spiegeln die politischen Verhältnisse und die Polarisierung in der amerikanischen Politik wider. Der Bericht gibt nur die Meinung der Demokraten im Ausschuss des Senats wieder. Die Republikaner sind ganz anderer Auffassung und haben einen „Minderheitenbericht“ verfasst. Hätten sie die Mehrheit im Senat und damit im Ausschuss – was erst vom kommenden Januar an der Fall sein wird –, dann hätte es den Bericht so nicht gegeben, und es würde ihn auch so nicht geben. Man kann annehmen, dass die jeweiligen Wähler die Sache ähnlich sehen«.

Über Geschmack lässt sich nicht streiten, über Folter schon? 
Was zu weit geht, geht zu weit. Ich schreibe auch über aus meiner Sicht wenig appettitliche politische AkteurInnen wie die Tea Party. Dabei bemühe ich mich immer, die eigene Position zurückzustellen, auch wenn es schwerfällt. Denn es fällt schwer, aus eigener Sicht so offensichtlich irrationale, leicht nachprüfbaren Fakten so ignorant gegenüberstehende und hysterische Bewegungen nüchtern zu betrachten, eben weil sie selbst so paranoid, eben nicht-nüchtern auftreten. Aber trotzdem ist der möglichst un-emotionale Forscherblick da sinnvoll. Aber bei Folter hört es auf, muss es m.E. aufhören. Es gibt keine Legitimation für Folter, und zwar nicht nur "auch nicht im Ernstfall gegen Terroristen", sondern gerade im Ernstfall kann es sie nicht geben. Denn: Wer außer Terroristen und irgendwelchen sadistischen Menschenfeinden sollte außerhalb von "Notfällen" und ausgedachten "die Bombe tickt"-Szenarien foltern wollen?

-Man könnte zynisch (und mit gewisser empirischer Berechtigung) sagen: Früher haben die USA es nicht selbst gemacht, sondern den Schergen der Dikatoren in Brasilien, El Salvador oder den Contras in Nicaragua das Foltern und Morden professionell beigebracht in der "School of the Americas" und diese die Drecksarbeit gegen Bauern- und Arbeiterbewegungen machen lassen. Beim "war on terror" musste die CIA dann selber ran. Hier sollte man nicht locker lassen. Es mag ein Fortschritt sein, dass der Senatsbericht der Intervention von Außenminister (und Ex-Senator) John Kerry zum Trotz veröffentlicht wurde. Eine Schande bleibt es aber, dass von Obama keine Anregung strafrechtlicher Konsequenzen zu erwarten sind. Vom Verfassungsrechts-Professor zum Drohnenkriegs-Kommandanten und nur relativ leisen Folterkritiker, das ist auch eine Karriere.

Die politische Realität provoziert einen ganz eigenen Zynismus: Schlimm genug, dass die Demokraten zu wenig Rückgrad haben, um die CIA-Folterpraxis strafverfolgen zu lassen. Es kann kein Vertun darüber geben, dass bei nächster Gelegenheit ein US-Präsident aus dem Lager der Republikaner die Foltermaschinerie wieder anwerfen würde. Die einzige "Verbesserung" gegenüber der Vergangenheit bestünde darin, die Drecksarbeit wieder von anderen als dem eigenen Geheimdienst machen zu lassen und das Ganze noch wirksamer zu verstecken. Nimmt man den Nicht-Verstoß gegen grundlegendste Verbote solcher Praktiken zum Maßstab, ist tatsächlich selbst so eine opportunistische, rückgradlose und langweilige Kandidatin wie Hilary Clinton zweifelsohne das kleinere Übel gegenüber fast jedem, den die GOP bald in den Vorwahlen aufzubieten weiß.

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